Schottergärten: Folgen und Alternativen.
Grundstück gekauft, Häuschen gebaut. Garten: Pflegeleicht soll er sein, am besten „wartungsfrei“. Unkrautvlies drauf, Schotter drüber, ein bisschen helle Steinchen hier, ein paar Dunkle da – für die optische Abwechslung – und fertig ist schon mal der Vorgarten. Nie mehr gießen, Pflanzen pflegen und Unkraut jäten, immer ordentlich. „An alles gedacht!“, könnte man meinen. Doch ist „einfach“ wirklich so einfach? Oder wurde da nicht so einiges übersehen, das Folgen für uns alle hat und langfristig haben wird, auch für diejenigen mit den „wartungsfreien Gärten“?
Artenvielfalt ade
Diese mit Kies und Steinen gestalteten Flächen sind aus ökologischer Sicht Wüsten. Sie bieten weder Nahrung für unsere heimischen, oft schon stark gefährdeten Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge, noch haben sie einen Nutzen für anderes Kleingetier. Auch Vögeln und Kleinsäugern (z.B. Igeln) wird dadurch ein weiteres Stück Lebensraum und Nahrungsgrundlage entzogen.
Wasser marsch
Doch nicht nur mit Blick auf die Artenvielfalt sind Schottergärten eine „Naturkatastrophe im Kleinformat“. In Zeiten von zunehmenden Extremwetterereignissen und vermehrt auftretendem Starkregen tragen Sie aktiv zu Hochwassern bei. Nun könnte man argumentieren: „Aber das Wasser versickert doch durch das Unkrautgewebe oder -vlies!“ Das stimmt. Dass dies im Hinblick auf den Hochwasserschutz besser sei, als eine gepflasterte Fläche mit Entwässerung zu Kanalisation, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung jedoch als Trugschluss.
Da das Bodenleben auf Grund fehlenden toten organischen Materials verarmt, kann kein Humus gebildet werden. Dieser wirkt in gesunden Böden wie ein Schwamm, saugt überschüssiges Wasser auf und speichert es. Stattdessen versickert das Wasser in tiefere Bodenschichten, schwemmt dabei zusätzlich Nährstoffe aus, die wiederum das Grundwasser belasten. Bei Starkregen steigt dann der Grundwasserspiegel stark an. Überflutungen und vollgelaufene Keller sind nur zwei Folgeaspekte, die daraus entstehen, die aber viele Menschen, auch bei uns in Neu Wulmstorf, direkt betreffen.
Prima Klima
Humus ist jedoch nicht nur unerlässlich als Wasserspeicher. Er bindet auch Kohlenstoff, der sonst in Form des klimaschädlichen Gases C02 die Erdatmosphäre aufheizt, zum Treibhauseffekt beiträgt und so die Klimakastastrophe weiter befeuert. Zusätzlich erhitzen sich die Steine bei Sonnenschein und eine Abkühlung der Luft durch Verdunstung über das Blattwerk der Pflanzen findet nicht statt. Schottergärten sind also nicht nur im Bezug auf die Artenvielfalt ein Desaster, sondern echte „Klimakiller“.
Der Trugschluss mit der Wartungsfreiheit
Um es vorweg zu nehmen: Wartungsfreie Gärten gibt es nicht – auch nicht die mit Unkrautvlies und Schotter. Denn auch hier macht die Natur mittelfristig das, was sie am besten kann: Lücken in der Pflanzendecke des Bodens schließen. Das Unkraut kommt zwar nicht mehr von unten aus dem Boden an die Oberfläche, aber herangewehtes Laub und feinste Partikel aus der Luft schaffen es dann doch im Laufe der Monate und Jahre wieder eine zumindest kleine Humus- bzw. Erdschicht auf der Gewebebahn zu bilden.
Samen wehen heran und keimen. Sie wachsen nun von oben in das Vlies oder Gewebe hinein und sind so deutlich schwieriger zu beseitigen als in einem Beet ohne Unkrautbarriere. Zusätzlich zersetzt sich dabei das Material und feinste Plastikteilchen, sogenanntes Mikroplastik, gelangt über das Grundwasser in unsere Nahrungskette.
Alternativen
Es ist doch eigentlich ganz simpel: Wer auf Gartenarbeit vollkommen verzichten möchte, sollte in eine Wohnung ziehen – ohne Garten. Wenn jedoch der Garten unbedingt gewünscht ist, bringt dieser auch ein wenig Verantwortung mit sich. Das bedeutet aber nicht, dass man sich nun an jedem Wochenende stundenlang verausgaben muss. Man kann auch schon mit kleinem, regelmäßigem Einsatz viel erreichen, was nicht nur der Natur etwas bringt und klimafreundlich ist, sondern auch das eigene Herz erfreut. Gartenarbeit wird mittlerweile nicht ohne Grund sogar therapeutisch eingesetzt.
Doch was, wenn man schon solch eine Steinwüste vor dem Haus hat. Die ganze Steine wieder abtragen und entsorgen ist auch nicht gerade ressourcenschonend. Hier sind ein paar Alternativen, die sich relativ leicht umsetzen lassen. Es ist dabei trotzdem aus oben genannten Gründen ratsam, ein bereits vorhandenes Unkrautvlies zuvor zu entfernen.
- Alpiner Steingarten: Der Klassiker unter den Steingärten und in England schon seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Da alpine Stauden Minimalisten sind und in humus- und nährstoffarmen Gegenden wachsen, eigenen sie sich besonders für die schnelle Umgestaltung. Außerdem wachsen sie langsam und bleiben meist klein – ideal für beengte Verhältnisse wie man sie z.B. in Reihenhausvorgärten findet. Trotzdem muss man nicht auf hübsche Blütenpracht verzichten und Insekten kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Zu empfehlen sind z.B. Hauswurz, Mauerpfeffer, Enzian oder Teppich-Flammenblume.
- Präriegarten bzw. mediterraner Steingarten: Präriestauden wie der Rote Sonnenhut oder das Amerikanische Pampasgras sind in den letzten Jahren zum echten Trend geworden. Streng genommen handelt es sich dabei um mediterrane Pflanzen. Mediterrane Wachstumsbedingungen findet man nämlich auch in Mittel- und Südamerika und viele der typischen Mittelmeerpflanzen haben dort ihren Ursprung. Zwar sind diese Pflanzen in der Regel bei uns (noch) nicht heimisch, es gibt aber auch hier welche, die gut von unseren hiesigen Insekten angenommen werden und ihnen als Nahrung dienen können. Einen Platz finden hier z.B. auch leckere Kräuter wie Thymian und Rosmarin.
- Sandbeet (externer Link zu einem Video der Sendung „Querbeet“): Im nährstoffarmen (mageren) Sand hat Unkraut es schwer. Viele einheimische Stauden lassen sich hier integrieren.
- Maritimer Strandgarten: Hier werden blühende Stauden wie Strandkohl v.a. mit verschiedenen Gräsern kombiniert. Ein gemütlicher Strandkorb darf dann aber sicher auch nicht fehlen.
Bei all diesen drei relativ schnell realisierbaren Alternativen geht es vor allem darum:
- Die blühenden Pflanzen dienen als Nektarquelle für Insekten und die Insekten als Futter für Vögel und Kleinsäuger.
- Der Boden wird durch das Blattwerk beschattet und heizt sich nicht so sehr auf.
- Zusätzliche Kühlung der Umgebung entsteht durch Verdunstung über die Blätter der Pflanzen.
- Das verdunstete Wasser gelangt nicht direkt ins Grundwasser.
- Alle Pflanzen, die in diesen Gartentypen gedeihen, überstehen auch mal Trockenphasen ohne zusätzliches Gießen. Das spart Arbeit und Wasser. Letzteres ist besonders im Hinblick auf immer häufiger auftretende Dürreperioden nicht zu unterschätzen.
Wer zusätzlich noch etwas für die Artenvielfalt tun möchte, kann z.B. eine Nisthilfe für Insekten aufstellen. Eine mit Kieselsteinen und Wasser gefüllte Schale (z.B. eine Blumentopfuntersetzer) dient als Tränke für Insekten, Kleinsäuger und Vögel oder auch als Vogelbad.
Wer keinen Schottergarten hat und es im eigenen Garten mehr blühen und aufleben lassen möchte, dem stehen natürlich noch viel mehr Möglichkeiten offen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt und das Internet ist voller Ideen. Mit den vier Alternativen konnten wir aber hoffentlich zeigen: Geht nicht gibt’s nicht. Auch aus dem lebensfeindlichsten Fleckchen lässt sich etwas Naturnahes und Klimafreundliches schaffen.
Anne Pelz
Anne Pelz ist Web-Administratorin des KlimaForums Neu Wulmstorf und gestaltet zudem aktiv den Biogarten Paradies mit - sowohl im "realen Leben", als auch virtuell auf Instagram. Mit ihren zwei Kindern und Hund Paul lebt sie im Apfelgarten in Neu Wulmstorf. In ihrer Freizeit erkundet sie gerne wandernd oder walkend Moor und Heide.
Ein Kommentar
Elisabeth Bischoff
Sehr gute, alle Aspekte berücksichtigende Darstellung! Danke!